Ein Moment der Selbstreflexion…

JerusalemIn unserer heutigen Gesellschaft, die auf Leistung und Effizienz hin orientiert ist, in der das Wort Muße für viele ein Fremdwort ist, werden Zeitprobleme und Probleme mit dem Selbstmanagement immer drängender. Der Satz: “ich habe keine Zeit!” bzw. der Seufzer: “Wenn ich nur mehr Zeit hätte!“ gehört zu einem fixen Bestandteil unseres täglichen Lebens. durch schlechte Organisation der Zeit geraten wir häufig in Zeitprobleme, die aus aktuellen, oft unvorhergesehenen äußeren Situationen und Vorfällen resultieren. Das führt dann dazu, dass wieder Arbeit liegen bleibt, wir uns zusehends unwohl fühlen und oft das Gefühl haben, zwar viel Zeit aufgewendet zu haben, jedoch nicht für die Dinge, für die wir tatsächlich unsere Energie aufbringen möchten.

Das Problematische an dieser Situation ist, dass auch andere von unserem schlechten Zeitmanagement betroffen sind. Es lohnt sich daher, darüber nachzudenken, inwieweit unsere Zeitprobleme in unseren persönlichen Einstellungen, Gewohnheiten, Ängsten oder Sehnsüchten begründet sind. Entspannung ist ein in der Werbung viel strapaziertes Wort. Meistens tritt es an uns in Verbindung mit dem Angebot von Aktivitäten heran. Es scheint so, als ob wir uns nur entspannen könnten, indem wir etwas tun. ¬Aktiv¬urlaub, Fitness-Programme für die Freizeit, das Fernsehen zur Entspannung etc. Dadurch geraten viele von uns wiederum in Hektik und Stress. Wir leben in einer Zeit, in der das Angebot an Informationen, Weiterbildungsmöglichkeiten, organisierten Sport- und Freizeitbeschäftigungen so groß ist wie nie zuvor. Da fällt es einfach schwer, etwas auszulassen. Wir könnten ja etwas Schönes, Wichtiges, Nützliches versäumen.
Also packen wir in unsere Zeit hinein, was nur hineingeht. Die Zeitnot der heutigen Zeit gibt es eigentlich nur deshalb, weil es so viele Angebote gibt.

Abhilfe für die Not mit der Zeit soll Zeitmanagement liefern!

Die meisten gehen von der Vorstellung aus, dass man die Zeit irgendwie in den Griff bekommen muss, damit das eigene Leben nicht aus den Fugen gerät und man mir zudem kommt wofür es sich zu leben lohnt.
Der Ansatzpunkt an der Zeit an sich ist verständlich – jedoch falsch. Wer so denkt, der setzt voraus dass die Zeit ein Objekt ist, das in irgendeiner Form manipuliert werden kann. Die Zeit ist jedoch kein Gegenstand, sie ist auch kein Gut das irgendwo angespart werden könnte, sie kann auch nicht beliebig vermehrt werden.
Zeit gibt es nur für uns in dem Sinne, dass unser eigenes Leben immer zeitgebunden ist. Als Menschen leben wir immer in einem Bezug von Gegenwart Vergangenheit und Zukunft. Ausgehend von unserer Gegenwart können wir uns die eigene Zukunft ausmalen, wir können Ziele entwerfen, wir können uns eine andere Wirklichkeit denken. Und in der Rückschau können wir unser vergangenes Leben beurteilen, unsere Handlungsweisen bewerten und uns selbst bewusst werden, wie wir geworden sind. Philosophen haben diesen Umstand damit versucht zu beschreiben, dass sie meinen, unser Dasein zeitige sich. Damit wird angedeutet, dass es grundsätzlich zwei verschiedene Arten gibt die Zeit zu betrachten:

sanduhrErstens: die chronologische Zeit. Das ist die Zeit die wir Uhren messen können. Diese Zeitmessung ist objektiv. Die korrespondierende Vorstellung zur chronologischen Zeit ist die Linie.

Zweitens: die Zeit die wir subjektiv erleben und erfahren. Es hat schon jeder die Erfahrung machen können, dass die objektive – chronologische – Zeit für uns unterschiedlich lang sein kann. Es gibt Zeiten in denen die Minuten quälend langsam vergehen. Genauso gibt es Situationen in dem die Zeit wie im Flug vergeht und wir bedauern nicht mehr Zeit zur Verfügung gehabt zu haben.
Ein wesentlicher Schlüssel zum Verständnis von Zeitproblemen ist, dass unsere Deutung von Zeit auf das engste mit der Erfahrung von Welt insgesamt verknüpft ist.

Geschichte der Zeit

JerusalemWerfen wir einen kurzen Blick in die Geschichte: Wenn wir auf das Mittelalter zurückblicken, so können wir erkennen, dass Menschen dieser Epoche einen gänzlich anderen Zugang zur Zeit hatten. Für den mittelalterlichen Menschen waren die Ereignisse die er in seiner Welt erlebte, in einen Kreis lauf hineingestellt. Diese Vorstellung orientierte sich in erster Linie an den Jahresläufen, an bestimmten Gestirnen ständen, an der Abfolge der Gezeiten usw. der Mensch der damaligen Zeit lebte mit der Natur, sich diesen Rhythmus an und stellte diesen auch nicht infrage. Jeder hatte seinen bestimmten Stand dem er angehörte und diesen Stand zu verlassen, etwas anderes zu werden eine andere Zukunft in Angriff zu nehmen, war für den mittelalterlichen Menschen eine ungewohnte Vorstellung.
Das ändert sich mit der Neuzeit, dem zunehmenden Handel und der Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen. Je mehr der Warenverkehr zunahm, desto wichtiger wurden konkrete Vereinbarungen. Eine weitere Veränderung in unserem Zeitverständnis schuf dann die Industrialisierung. Insbesonders die Entwicklung der Eisenbahn förderte das lineare Denken. Der Aufruf der amerikanischen Pioniere “go west “– immer weiter in ein Land der “unbegrenzten Möglichkeiten” vorzudringen ist der Topos der Moderne, der uns bis heute nicht mehr losgelassen hat. Von nun an hat der Mensch die Möglichkeit und auch die Verpflichtung sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Es geht darum Chancen zu erkennen, zu nützen und zeitgerecht umzusetzen. Wer jedoch viele Möglichkeiten des eigenen Lebensvollzugs besitzt, der muss bald erkennen, dass Möglichkeiten nicht immer nur ein Segen sind. Wer so viele Möglichkeiten offeriert bekommt, der hat auch die Verpflichtung, aus sich selbst das Beste zu machen!

• Möglichkeiten wollen “ergriffen werden”.
• Chancen können „verpasst werden“.
• Sich mit einer Sache vielleicht zu sehr zu beschäftigen kann bedeuten, seine Energie „verschwendet zu haben“.

Letzten Endes geht es jedoch immer darum, was jeder einzelne von uns aus seinem eigenen Leben gemacht hat. Am Ende unseres Lebens zeigte sich, ob wir unsere Energie für das eingesetzt haben mit dem wir persönlich zufrieden sind, oder nicht. Es geht eigentlich nicht darum, der Zeit mit Plänen, Zeittafeln und guten Vorsätzen zu Leibe zu rücken sondern zu überprüfen, für welche Ziele und Werte ich meine Zeit aufbringen möchte. Diese grundsätzliche Wahl kann uns niemand abnehmen. Wer also sein Zeitmanagement verbessern möchte, der muss über sich selber reflektieren und entscheiden, was die wirklich wichtigen Projekte, Ziele, Ideen etc. sind, für die sich der ganze Einsatz meines Lebens lohnt.
• Wir müssen also eine Standortbestimmung leisten. “Wo stehe ich?” “Wie ist mein Lebensvollzug?”
• Wir müssen uns fragen, welche Ziele ich mir für die Zukunft stecke. “Was möchte ich erreichen?” “Wohin will ich mich entwickeln?”
• Wie sieht die Umsetzung aus? “Welche Zeitmanagementtools und Instrumente setze ich ein?”

Zeitmanagement ist Selbstmanagement

Nur durch das Ausfüllen von Zeitplanbüchern, den Einsatz von Outlook oder Lotus Notes und wie diese Instrumente alle heißen mögen, ist noch niemand zu einem besser strukturierten Tagesablauf gekommen. Die Instrumente sind nützlich – jedoch müssen einige Grundvoraussetzungen erfüllt sein, damit sie wirklich nützlich sein können.

Diese Punkte sind:

  1.  Eine klare Vorstellung davon, wofür man die momentane Tätigkeit durchführt. Damit erreicht man ein zielorientiertes Vorgehen und vermeidet „Durchhänger“ während der Arbeit.
  2. Eine längerfristige Zielperspektive. Nur wer weiß, wohin das eigene Lebensschiff steuert, kann Kurs halten und wird auch bei rauer See nicht gleich verzagen.
  3. Vermeidung von Stress durch eine gesunde Lebensführung. Dazu gehören:
    • Ausreichend Schlaf
    • Gesunde, ausgewogene Ernährung
    • Mäßiger Sport
    • Hobbies
    • Gute Beziehungen (Partner, Freunde)
    • Geistige Anregungen
    • Zufriedenheit mit sich selbst
  4. Vermeidung von Ablenkung. Nur wer konzentriert arbeitet, kann eine Tätigkeit effizient erledigen. Dazu gehört: ein ordentlich aufgeräumter Schreibtisch genauso, wie eine sinnvolle Ordnung im PC; die Vermeidung von Unterbrechungen und Störungen und die Fähigkeit, mental bei einer Sache zu bleiben (nicht an andere Sachen zu denken).
  5. Auf der Kommandobrücke bleiben. Man muss lernen, die Übersicht zu bewahren. Wer weiß, was in etwa auf eine zukommt, der hat das Gefühl, die Lage einschätzen zu können und rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen. Übersicht und Überlegung sind blindem Aktionismus vorzuziehen!
  6. Nicht alles selber machen wollen. Wer sagt: „Bevor ich Herrn Müller alles erkläre, mach ich es lieber selbst!“ darf sich nicht wundern, wenn er wirklich alles selbst macht.
  7. Strukturierte Abläufe schaffen statt Chaos. Nehmen wir das Bild eines Handwerkers. Ein Meister seines Faches z.B. ein Tischler verfügt über ganz klar strukturierte Arbeitsabläufe, die immer wieder „abgespult“ werden. Diese Routinen sind jahrelang eingeübt, haben sich bewährt und sind ein solides Fundament für beste Leistung. Kein Tischlermeister hüpft in seiner Werkstatt herum, verbreitet Unruhe und Hektik und rechtferigt diese chaotische Herangehensweise als Ausdruck besonderer Kreativität. Die Kreativität war schon vorher: bei der Planung. Die Ausführung des Werks erfolgt ruhig, geordnet und planmäßig. Erarbeiten auch Sie sich Routinen „Workflows“, die ihren Zielen dienlich sind. Üben Sie diese Prozesse ein, sodass Sie wie selbstverständlich ablaufen. Arbeiten Sie im Team, müssen Sie sich auf einen allgemein verbindlichen Ablauf einigen.
  8. Überforderung vermeiden. Sich selbst zu hoher Leistung anzuspornen ist sicher eine gute Einstellung. Jedoch hat jeder Mensch seine Grenzen. Diese auszuloten ist natürlich eine Lebensaufgabe. Es hat jedoch keinen Sinn, utopische Anforderungen an sich selbt zu stellen. Die rechte Balance zwischen realistisch machbarer und motivierender Anforderung ist zu finden. Vergessen Sie daher unbedingt Ideologien die ihnen weis machen wollen, dass jeder Mensch alles erreichen kann, wenn er es nur will.
  9. Üben Sie sich in Selbstdisziplin. Wer beschließt, sein Leben sinnvoller zu strukturieren darf nicht erwarten, dass dies von heute auf morgen gelingt.
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