Komplexität meistern mit dem Cynefin-Framework

Komplexität meistern mit dem Cynefin-Framework

Das Cynefin-Framework

Das Cynefin-Framework kann eine Hilfe sein, um der Komplexitätsfalle zu entgehen. In diese gerät man leicht, wenn man als Manager oder Mangerin auf “biegen und brechen” versucht, komplexe Situationen in den Griff zu bekommen. Und dass es heute in Unternehemen herausfordernd zugeht, ist eine Binsenweisheit.

Meine These: die komplexen Herausforderungen in denen Führungskräfte stehen, fordern bis an die Grenze des individuell Möglichen.

Dass Manager ihre Tätigkeit zunehmend als schwierig und belastend einstufen ist nicht überraschend. So zeigt der Hernstein Management Report 2017 auf, dass 37% der Manager ein häufiges Stressgefühl erleben[1]https://www.hernstein.at/newsroom/management-insights/burn-out-ausgeglichene-work-life-balance-und-resilienz-als-antwort/. Jede 4. Führungskraft schließt für sich selbst die Gefahr eines Burn-Outs nicht aus.

Das Cynefin-Framework bietet die Möglichkeit, Situationen im Management besser einzuordnen und das eigene Verhalten darauf abzustimmen.

Mehr Ruhe und Übersicht kommt dadurch in das Management.

Komplexität durch Digitalisierung

Die drastischen Veränderungen durch die Digitalisierung haben neue Möglichkeiten der weltweiten Zusammenarbeit ermöglicht. Produktion rund um die Uhr, in nahezu allen Erdteilen und über unterschiedliche Kulturen hinweg ist heute zunehmend die Regel. Ein solches weltumspannendes Unternehmen ähnelt kaum mehr einem Betrieb im 20. Jahrhundert, der einige wenige Standorte hatte und wo der „Generaldirektor“ noch alles regelte.

Heute ähneln Unternehmen weit mehr sich selbst steuernden Organismen, die als schwer durchschaubare, komplexe Gebilde erscheinen. Das liegt zu einem erheblichen Teil an dem hohen Grad an Vernetztheit und den damit einhergehenden unvorhersehbaren Wechselwirkungen. Für MitarbeiterInnen und Führungskräfte ist die Sinnhaftigkeit vieler Unternehmensprozesse und Entscheidungen nicht mehr nachvollziehbar.

Unsicherheit und Ängste entstehen, die durch die lockeren Bindungen, die in modernen Unternehmen herrschen, kaum noch aufgefangen werden können.

Übrigens gibt es das Gefühl an zunehmender Verunsicherung (VUCA-Welt[2]https://www.heisetraining.at/entscheidungen-treffen-in-der-vuca-welt/) auch für Einzelunternehmer. Vielleicht wiegt für diese das Gefühl der Verunsicherung noch schwerer, wenn der Austausch mit ähnlich empfindenden „Leidensgenossen“ fehlt.

Wie kannst du nun in einer komplexen Welt als Führungskraft bestmöglich agieren?

Dazu gibt das Cynefin Modell einige Ansatzpunkte.

Das Cynefin-Framework

Das Modell wurde von Dave Snowden [*1954] entwickelt. Das Wort „Cynefin“ kommt aus dem walisischen und kann mit „Lebensraum“ oder „Platz“ übersetzen[3]zur Bedeutung siehe Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Cynefin-Framework . Daher ist der Aspekt des Wohnens bzw. des Ortes in dem man sich aufhält wichtig, um den Ansatz zu verstehen.

Im Cynefin-Framework gibt es vier Zustände, die ein System annehmen kann:

  • Einfach
  • Kompliziert
  • Komplex
  • Chaotisch

Einfache Systeme

Einfach ist ein System dann, wenn ein eindeutiger Ursache-Wirkungszusammenhang besteht. Wir nehmen ein Ereignis wahr und können fragen: „Was ist die Ursache dafür?“
Ein Beispiel: Du schaltest eine elektrische Lampe ein – aber der Raum bleibt dunkel. Nun wirst du kaum nach einer übernatürlichen Erklärung suchen, sondern davon ausgehen, dass die Glühbirne ihren Geist aufgegeben hat. Also flugs eine neue Birne reingeschraubt und die Sache ist geritzt.

Solche Vorgangsweisen – also zuerst einmal zu versuchen die Glühbirne zu tauschen – sind bewährte Methoden oder „Best Practice“-Modelle.  Sie funktionieren nach dem Prinzip, das Problem zu beobachten, akkurat zu beschreiben und dann zu kategorisieren.  Dann wird man auf das Problem antworten.

Das funktioniert deshalb, weil wir für eine Vielzahl an Problemen bereits genug Wissen haben, wie die Lösung auszusehen hat. Wir müssen also für einfache Probleme nicht immer wieder bei Null anfangen, sondern können uns auf bewährte Vorgangsweisen verlassen. Man bezeichnet das auch als Best Practice. Bewährte Vorgangsweisen zur Problemlösung können in Checklisten und Handbüchern zusammengefasst werden.

Als Führungskraft wirst du danach trachten, Best practice Lösungen für bekannte Probleme zu sammeln und als verbindliche Standards deinen Mitarbeitenden zur Verfügung zu stellen.

Komplizierte Systeme

Kompliziert sind Systeme dann, wenn es mehrere Ursachen geben kann. Auch in komplizierten Systemen gibt es Ursache-Wirkungszusammenhänge – jedoch sind diese nicht auf den ersten Blick erkennbar. Hier steht auch an erster Stelle das Problem zu beobachten. In diesen Erkenntnisprozess fließt jedoch bereits ein, dass es sich nicht um ein „einfaches“ Problem handelt, sondern um eine komplizierte Angelegenheit. Hier ist es notwendig, zu analysieren und dann aus den vielen möglichen Strategien mit jener zu antworten, die am meisten Erfolg verspricht. Das nennt man auch Good Practice. Ein Beispiel ist das Auto: wenn eine Fehlfunktion vorliegt, kann der durchschnittliche Autofahrer meist keine Lösung finden. Er muss sich an eine Werkstätte wenden, bei der das Problem analysiert und die beste Lösung gefunden wird.

Komplizierte Kontexte sind die Domäne von Experten oder Fachleuten. Sie wissen über viele mögliche Ursache-Wirkungsbeziehungen Bescheid und verfügen über Methoden, diese darzustellen. Als Führungskraft tust du gut daran, für komplizierte Probleme Experten und Fachleute mit Analysen zu beauftragen. Daraus wird ein Maßnahmenplan entwickelt, der dann umgesetzt wird. Wichtig ist jedoch zu akzeptieren, dass es keine „Best Practice“ Lösung geben wird. Eine taugliche, praktikable und gute Lösung muss ausreichend sein.

Komplexe Systeme

Komplex sind Systeme dann, wenn Ursache-Wirkungs-Beziehungen nur im Nachhinein beurteilt werden können. Der Grund liegt darin, dass in komplexen Systemen eine Vielzahl von Systemelementen miteinander interagieren. Das System ist sehr dynamisch. Eine kleine Änderung kann eine große Wirkung entfalten. Welche Wirkungen das genau sind, kann nur sehr bedingt vorhergesagt werden. Einmal gefundene Problemlösungen für ein spezifisches Problem können daher nur schlecht auf einen anderen Fall übertragen werden. Daher sind komplexe Systeme auch nur bedingt steuerbar – aber trotzdem kann das Management steuernden Einfluss nehmen. Ein wichtiges Merkmal komplexer Systeme ist, dass es beschreibbare Muster gibt.

So ist das Verhalten von Menschen in einem Team ein schönes Beispiel für ein komplexes System. Die Interaktionen in diesem Team sind zwar nicht mit Sicherheit vorhersehbar, jedoch kannst du von außen beobachten, wie die Teammitglieder miteinander umgehen. Also etwa wer am meisten spricht, wie Problemen gelöst werden, wie das Stressverhalten ist etc.

Komplexität im Management

Die meisten Situationen im Management sind komplexer Natur. Schlechte Quartalszahlen, eine Veränderung im Management, Preisentwicklung, Verkäufe von Unternehmensteilen, Fusionen etc. sind Ereignisse, die mit Veränderung, Unsicherheit und Unvorhersehbarkeit einhergehen. Keine gute Idee ist es, Komplexität reduzieren zu wollen. Ein komplexes System kannst du im Unterschied zu komplizierten Systeme nicht in seine „Einzelteile“ zerlegen. Es ist mehr als die Summe seiner Teile. Alle Teile interagieren in einer besonderen Art und Weise. Einfach etwas wegzulassen führt nicht zur Beherrschbarkeit des Systemes, sondern zu neuen unvorhersehbaren Reaktionen.

Die besondere Art und Weise des Umgangs miteinander ist ein bestimmtes Antwortmuster, das sichtbar wird. Man spricht im Cynefin-Framework auch von „emergentem Wissen“. Damit wird ausgedrückt, dass das System eine adäquate Antwort gibt, wenn es „getestet“ wird. Daher ist es notwendig in komplexen System die Schritte: probierenbeobachtenreagieren immer wieder zu durchlaufen. Die Idee ist, dass sich durch dieses Management-Verhalten eine adäquate Antwort auf die Problemstellung finden wird.

Überflüssig zu erwähnen, dass probierendes Managen natürlich eine hohe Sensibilität für die Situation im Hier-und-Jetzt erfordert. Was sich in diesem probierenden Prozess bewährt, wird beibehalten – unpassende Lösungsansätze ausgeschieden. Durch diesen Prozess verändert sich das System jedoch auch und strukturiert sich neu.

Chaotische Systeme

Chaotische Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass es gar keine Ursache-Wirkung-Beziehungen mehr gibt. Nehmen wir als Beispiel eine Naturkatastrophe. Eine Lawine ist abgegangen – viele Menschen wurden verschüttet. Das Ereignis berührt viele Ebenen: Wie gewinnt man ein zutreffendes Gesamtbild? Welches Ausmaß hat das Ereignis? Wie viele Personen sind verschüttet und wo? Wie können Hilfskräfte herangeführt werden? Sind noch weitere Lawinenabgänge zu erwarten? Wer gestaltet die Informationspolitik?…

Was in dieser chaotischen Situation fehlt, ist Ordnung. Hier gilt die Devise: handelnbeobachtenreagieren. Notwendige Verfahren und Prozesse können hilfreich sein – allerdings bleibt es eine offene Frage, ob die eingesetzten Verfahren zum Erfolg führen.

Wofür das Cynefin-Framework nutzen?

Das Cynefin-Framework kannst du als Diagnoseinstrument benutzen. Finde bei aktuellen Problemen heraus, um welche Cynefin-Domäne es sich handelt.

Das Cynefin-Framework ist auch gut geeignet, um dich selbst einzuschätzen. In welcher Domäne fühlst du dich besonders wohl?

Versuche auch, das Cynefin-Framework als Prozess zu verstehen. Systeme sind nicht statisch. Und aus komplexen Systemen entstehen in vielen Fällen komplizierte Teilsysteme, die dann wieder gut zu managen sind.

Wenn du als Führungskraft Erfolg haben willst kommt es darauf an, dass du lernst, mit Komplexität umzugehen. Das bedeutet in erster Linie eine Änderung der Haltung. Komplexität wirst du niemals beherrschen können – du bist eingeladen, dich zu öffnen und Komplexität zuzulassen. Eine Portion Mut und Risikobereitschaft gehört dazu, um experimentierend mit Komplexität umzugehen. Schließlich eröffnet dir eine gesunde Neugier, Selbstvertrauen und Gelassenheit die Chance, auf komplexe Fragen hilfreiche Antworten zu finden.

Hier als Podcast-Episode nachhören

Komplexität meistern mit Cynefin

by Gregor Heise | Durchstarten mit Führung

Irrtümer im Management – SMART-Ziele

Irrtümer im Management – SMART-Ziele

SMART-Ziele sind wenig hilfreich

Hast du dich schon einmal gefragt, wie du Ziele formulieren sollst? Und ist dir dann sofort das Akronym SMART-Ziele eingefallen? Dann Willkommen im Club!

Keine andere Lehre hat sich im Management so sehr festgesetzt. SMART-ZIele scheinen der einzig richtige Weg zu sein. Wer SMART-Ziele formulieren kann, der hat schon gewonnen. Kaum einer fragt, woher diese Lehre eigentlich kommt, und ob sie überhaupt stimmt.

Ich meine: SMART-Ziele schaden mehr als sie nützen!

Lies weiter, damit du lernst, wie man bessere Ziele formuliert!

Die Behauptung, nur SMART-Ziele seien nützlich, ist falsch!

SMART ist eine Abkürzung für Kriterien, die angeblich Ziele so gut machen sollen, dass die Erreichbarkeit fast schon garantiert ist. Dass die Dingen icht so einfach liegen, erfährst du in diesem Beitrag.

Dabei steht SMART für das Akronym

S=Spezifisch, genau

M=Messbar

A=Attraktiv

R=Realistisch

T=Terminisiert

SMART-Ziele

Argumente pro SMART-Ziele

Ein allgemeines “Do-your-best”-Ziel wie: “Ich will, dass ihr heute euer Bestes gebt!” ist viel zu allgemein. Die Mitarbeiter wissen nicht konkret genug, was sie zu tun haben. Sollen konkret Kunden angerufen werden? Wird erwartet, dass ich mich besser auf den Kunden vorbereite? Soll ich mir Feedback einholen, um zu sehen, was ich besser machen kann? usw.

Da ist es besser, ein konkretes Ziel zu formulieren wie: “Bis zum Ende der Woche werde ich 4 konkrete Kundetermine vereinbart haben.” Man kann das noch mit Arbeitshilfen erweitern wie: “Um das Ziel zu erreichen nutze ich unsere Datenbank und führe 10 Kaltakquisetelefonate pro Tag.” Nach den Arbeitspsychologen Locke und Latham – die hinter dieser Theorie stecken – müssen die Ziele auch ein hohes Anspruchsniveau haben, damit sie Handlungen aktivieren.

In Organisationen ist das System des “Management by Objectives” weit verbreitet (leider oft in einer Karikatur von dem, was Peter Drucker[1]https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Drucker einst damit gemeint hat). Das Führen über Ziele ist nur dann möglich, wenn Ziele einerseits klar formuliert sind anderseits auch messbar sind. Also kommt man um die möglichst präzise Zielbestimmung nicht herum.

Was gegen SMART-Ziele spricht

Komplexität

SMART-Ziele funktionieren besonders gut, wenn die Aufgaben einfach und klar strukturiert sind. Wenn also jemand seine Fitness verbessern möchte und sich vornimmt: “Ich gehe 3x die Woche für 30 Minuten joggen” dann mag dieses Ziel funktionieren. Oder der Student der sich vornimmt: “Ich lese täglich 20 Seiten vom Lehrbuch X”.

Wenn die Aufgabe allerdings komplexer wird, wenn die Strategien unklar sind um das Ziel zu erreichen oder man gar keine Idee hat, wie man das Ziel verwirklicht, kann man sich noch so viele SMART-Ziele setzen – man wird das Ergebnis nicht erreichen.

Ebenso gilt: wenn die Situation komplex ist und viele mögliche Handlungsalternativen von uns verlangt, wird man mit einem konkreten Ziel nicht weit kommen. Wenn beispielsweise eine Führungskraft die Kundenorientierung verbessern möchte und einem Mitarbeiter verordnet “Begrüße jeden Kunden freundlich und schaue ihm 3 Sekunden in die Augen” so führt diese SMART-Vereinbarung keineswegs zu mehr Leistung, sondern im Gegenteil zu Demotivation und Stress! Komplexe Situationen benötigen hohe Variabilität im Verhalten. Und die erreicht man eben nicht durch SMART-Vorschriften!

Hohe Identifikation

Ein Ziel wird nur dann verfolgt, wenn man auch dahinter steht. Viele Führungskräfte nehmen an, wer in Organisation beschäftigt ist, der ist schon voll entflammt für die Unternehmensziele. Allerdings ist das reines Wunschdenken! Überlege einmal selbst: wenn du deine Ziele betrachtest, wie würdest du sie bewerten?

  1. Ich nehme das Ziel eigentlich nicht ernst
  2. Es ist mir egal, ob ich das Ziel erreiche
  3. Ich fühle mich stark verpflichtet, das Ziel zu erreichen
  4. Es fällt mir schwer, das Ziel aufzugeben
  5. Ich setze mich voll für dieses Ziel ein

Erst ab Punkt 3 und höher ist die Zielerreichung wirklich intrinsisch motiviert. Die Attraktivität der Ziele ist tatsächlich der größte limitierende Faktor. Überlege einmal selbst: wenn du mit deinem Team ein Ziel festlegst, sind wirklich alle begeistert? Wenn du ehrlich bist, sind die üblichen Reaktionen bestenfalls eine Verpflichtung, “weil es denn sein muss”. Keine gute Umsetzungsvoraussetzung!

Zielkonflikte

Wir streben nur Ziele an, die mit anderen nicht in Konflikt stehen. Menschen haben meist ein gutes Gespür dafür, ob ein bewusstes Ziel ihnen möglicherweise schadet. Dieses intuitive Wissen kann meistens schwer in Worte gefasst werden, man hat aber “kein gutes Gefühl bei der Sache”. Wir wissen heute, dass dieser “implizite Gedächtnisspeicher” (das Selbst) der Ort ist, an dem unsere Erfahrungen, Werte, Gefühle etc. in einem Netzwerk organisiert sind. Das, was wir uns bewusst machen (z.B. ein SMART-Ziel) wird auf Kompatibilität mit dem Selbst geprüft. Bei Unstimmigkeiten des Ziels mit dem Selbst wird das bewusst angesteuerte Ziel oftmals fallen gelassen.

Selbst-Ziele die wie von selbst motivieren

Das Selbst (oder Extensionsgedächtnis), das oben bereits angesprochen wurde, wollen wir etwas genauer beleuchten. Wie entwickelt der Mensch überhaupt ein Selbst? Sehr einfach gesprochen: im Laufe seines ganzen Lebens durch Erfahrungen. Tagtäglich werden wir mit Situationen konfrontiert, die wir emotional bewerten. Situationen, die uns besonders berühren – eine Begegnung, ein Opernbesuch, das Lesen eines Buches, ein einschneidendes Erlebnis etc. – kann plötzlich etwas “in uns” zum Schwingen bringen. Wir fühlen uns “angesprochen” “berührt” und werden uns vielleicht diese Situation ein Leben lang merken. Die Erfahrung ist für uns zu einem Bestandteil unseres Lebens geworden! Eine Lebenserfahrung….

Das Selbst arbeitet jedoch auf eine sehr eigentümliche Art und Weise. Es ist nicht immer präsent, sondern hat eine Hintergrundaufmerksamkeit! So kann es durchaus passieren, dass das Selbst plötzlich durch eine Erfahrung angeregt wird und sich meldet. Meist in der Form eines Gefühls oder eines “Hinweises” im Sinne von: “Da war noch etwas!” Ein einfaches Beispiel ist, wenn man vorhat etwas zu besorgen, man jedoch gar nicht daran denkt und plötzlich beim Passieren eines Geschäfts schlagartig daran erinnert wird.

Diese intuitive Erkenntnis nennt man auch Bauchgefühl. Wer einen guten Zugang zum Selbst hat, der nutzt dieses Bauchgefühl.

Wer sich nun SMART-Ziele setzt, der benutzt einen Teil unseres Gehirns, den man Intentionsgedächtnis nennt. Dieses Informationsverarbeitungssystem arbeitet logisch, schrittweise und kann an einer Sache dran bleiben, ohn das Selbst zu bemühen.

Das Selbst kennt SMART- Ziele gar nicht. Ziele aus dem Selbst sind allgemeiner, lassen sich auch oftmals schwer in Sprache übertragen. Ziele aus dem Selbst beinhalten viele Aspekte, Erfahrungen, Gefühle, Rahmenbedingungen etc. Ein Ziel aus dem Selbst fühlt sich “stimmig” an. .Ziele, die mit unserem Selbst übereinstimmen benötigen auch keine äußeren Motivatoren. Wir verfolgen sie, von “selbst” und sind intrinsisch motiviert[2]vgl. Julius Kuhl, Motivation und Persönlichkeit, 2001.

Ziele aus dem Selbst

Ein Ziel, das aus dem Selbst gebildet wird, ist global. Nehmen wir noch einmal das Beispiel mit den Kaltakquisitionstelefonaten von vorhin. Für viele Mitarbeiter ist das Ziel “10 Akquisetelefonate täglich” eine schreckliche Vorstellung. Wenn du nun ein Verkaufsleiter bist, und du möchtest jedoch, dass dieses Ziel umgesetzt wird, dann hast du ein Problem. Du könntest mit Druck versuchen, das Ziel deinem Mitarbeiter zu verordnen. Jedoch kannst du dir leicht ausrechnen, dass die Identifikation mit dem Ziel nur gering sein wird. Und auch die Akquisetelefonate werden dann entsprechend verlaufen.

Was läuft da verkehrt?

Unser Gehirn ist so eingerichtet, dass es ein von außen herangetragenes Ziel zunächst einmal überprüft, ob es mit dem Selbst verträglich ist. Vielleicht hat der Mitarbeiter einen sehr hohen Ehrgeiz und möchte Situationen vermeiden, bei denen er negative Erlebnisse hat. Zudem könnten in seinem Selbst noch negative Erfahrungen abgespeichert sein. Eventuell kommt noch das Gefühl dazu, Kunden zu etwas zu drängen etc.

Es macht jetzt überhaupt keinen Sinn, es mit noch präziseren Zielformulierungen zu versuchen. Genauso wenig erfolgreich ist es, einen Vortrag zu halten, der irgendeine “Einstellungsänderung” bewirken soll (noch so ein Irrtum: zu glauben, man müsse nur das Denken ändern, und dann erfolgt das Verhalten automatisch).

Mottoziele

Viel überzeugender ist es, das Ziel so zu formulieren, dass es viele Handlungsoptionen ermöglicht.

Als Beispiel: “Offen und freudig lerne ich neue Menschen kennen” – “Ich erlaube mir auf meine Weise den Kontakt!”

Diese Mottoziele (entwickelt von Maja Storch[3]http://majastorch.de/) sind dadurch gekennzeichnet, dass sie das Selbst anregen und in der konkreten Situation unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten offen lassen.

Solche Mottoziele lassen sich recht einfach finden, indem man mit Bildern arbeitet und so eine Verbindung zum Selbst schafft.

Mottoziele adressieren an die Haltung. Wie der Mitarbeiter an die Sache herangeht ist entscheidend für seinen Erfolg! Einengende SMART-Ziele helfen gerade bei so komplexen Situationen wie Akquisitionstelefonaten wenig weiter. Natürlich bleibt man bei einem einmal gefundenen Mottoziel nicht stehen. Wenn das Mottoziel gut zum Selbst passt, eröffnen sich fast automatisch eine große Anzahl an Handlungsmöglichkeiten.

Ganz entscheidend ist das Bauchgefühl, dass einem sagt, ob das gewählte Mottoziel auch tatsächlich zum Selbst passt[4]vgl. Maja Storch, Motto-Ziele, S.M.A.R.T.-Ziele und Motivation, 2009 – in: Birgmeier, Bernd: Coachingwissen, 2009.

In meinen Coachings und Trainings arbeite ich systematisch mit Mottozielen: im Selbstmanagement, bei der Entwicklung von Konfliktfähigkeit, zur besseren Verhandlungsführung etc. Wenn Die Teilnehmenden einmal herausgefunden haben, wie sie sich selbst Mottoziele bilden können, ist diese Methode mit Gewinn in vielen Kontexten einsetzbar.

Die Erfahrungen sind so gut, dass ich heute getrost sage: vergesst SMART-Ziele![5]vgl. die Studie in Maja Storch, Motto-Ziele, S.M.A.R.T.-Ziele und Motivation, 2009. Hier wurde aufgezeigt, dass Motto-Ziele eine höhere Identifikation mit dem Ziel und einen höheren Umsetzungsgrad … Continue reading

Anmerkungen und Nachweise

Anmerkungen und Nachweise
1https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Drucker
2vgl. Julius Kuhl, Motivation und Persönlichkeit, 2001
3http://majastorch.de/
4vgl. Maja Storch, Motto-Ziele, S.M.A.R.T.-Ziele und Motivation, 2009 – in: Birgmeier, Bernd: Coachingwissen, 2009
5vgl. die Studie in Maja Storch, Motto-Ziele, S.M.A.R.T.-Ziele und Motivation, 2009. Hier wurde aufgezeigt, dass Motto-Ziele eine höhere Identifikation mit dem Ziel und einen höheren Umsetzungsgrad erreichen, als SMART-Ziele.

Fakten, die viele Führungskräfte über Motivation nicht wissen…

Kann eine Führungskraft andere motivieren?

In meinen Führungskräftetrainings ist die Frage nach der Motivation der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ein Dauerbrenner. Als Führungskraft weißt Du natürlich, dass es keinen einfachen Mechanismus gibt, der urplötzlich bei MitarbeiterInnen Motivation entfaltet – jedoch gibt es noch etwas Anderes als nur passiv-hilflos zu bleiben und zu hoffen, dass sich MitarbeiterInnen irgendwann selbst motivieren.

Dabei willst Du als Führungskraft doch erreichen, dass Deine MitarbeiterInnen hinter den Zielen stehen, sich für die Sache begeistern und ihr Bestes geben. Mit einem Wort: motivierte MitarbeiterInnen sind das Ziel!

Die Realität schaut jedoch vielfach anders aus. Oft hat man das Gefühl, dass MitarbeiterInnen sich für alles mögliche motivieren – nur nicht für die Ziele und Aufgaben der Organisation.  Um das zu lösen, wollen wir in diesem Beitrag uns einmal die Motivation von der psychologischen Seite ansehen.

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